Treffen

Sie tanzet in den Schatten und wie Schatten ist ihr Haar,
Wie die Nacht sind ihre Augen, ihre Schönheit birgt Gefahr.
Nur der Nachtigallen Schlagen ist Begleitung ihrem Tanz -
Sie tanzet in den Schatten wie im Traum, voll Eleganz.
Er singt im Licht der Sonne auf der sommerlichen Au.
Auf dem Haupt die Strahlenkrone, seine Augen himmelblau.
Selbst die Wildnis scheint zu lauschen, von der Stimme wohl betört.
Er singt im Licht der Sonne, und es jubelt, wer ihn hört.
Sie tanzet in den Schatten, schwer das Schicksal, das sie trägt:
Wenn ein Sonnenstrahl sie streift, die Schattentänz’rin nicht mehr lebt.
Und auf seinem Stamm ein Fluch liegt, daß sobald der Tag vollbracht
Er in todesgleichen Schlaf fällt, bis dann wieder flieht die Nacht.
Eines Abends in der Dämmrung, welche weder Tag noch Nacht,
In der Zeit, die halb aus Schatten und halb aus Licht gemacht.
Hört die Schattentänz’rin zitternd diese Stimm' voll Lieb und Tod,
Die ein Lied der Sonne singet in dem frühen Abendrot.
Schnell verfiel sie ihrem Zauber, und sie folgte ihrem Klang
Zu den Ufern eines Sees, wo der Sonnensänger sang.
Und sie sah den Mann, den sie liebt, bis dem Tod sie sich gesellt.
Eine bitterliche Träne aus dem Aug der Tänz'rin fällt.
Eines Abends in der Dämmrung, ehe sich der Fluch erfüllt
Sonnensänger sang von Sonne, in den Dunst des Sees gehüllt,
Als hervor aus all den Schatten trat ein Wesen, wunderbar:
Eine Frau, so schön wie Zwielicht, und wie Schatten ist ihr Haar.
Er erblickt sie, und er liebt sie, und er weiß, die Lieb ist Schein.
Er, geboren aus der Sonne, muß des Schatten Todfeind sein.
Und bevor der Fluch ihn lähmte, eine Träne er vergoß:
Oh, zu wissen, daß die Liebe so gefürchtet werden muß.
Sie treffen sich im Zwielicht, kaum gesehen - schon getrennt;
Traur'ge Treffen, schweres Scheiden, voller Schmerz das Herze brennt.
Wer kann zürnen, daß Erlösung sie von Zeit und Tod erflehn?
Um der bitt’ren Liebe Willen werden alles sie bestehn.